Netflix dominiert das Video-Streaming-Geschäft und hat die TV-Gewohnheiten vieler Deutscher stark verändert. Jetzt rüsten sich Konkurrenten wie Disney zum Angriff. Der Kunde bekommt immer mehr Auswahl und Qualität.
Knapp fünf Jahre ist es her, dass Netflix mit "House of Cards" seinen ersten großen Serienhit landete. Seitdem hat sich der Fernsehmarkt so rasant verändert, dass die Zeit wie eine Ewigkeit wirkt. Der Erfolg des Polit-Dramas mit Oscar-Preisträger Kevin Spacey in der Rolle des skrupellosen US-Abgeordneten Frank Underwood machte deutlich: TV-Unterhaltung funktioniert auch ohne Kabelanbieter und dicke Senderpakete – an Streaming kommt keiner mehr vorbei.
Zuschauer können ihre Lieblingsfilme und -serien hier zu jeder Zeit sehen. Andere Anbieter ziehen mit neuen Streaming-Modellen nach oder bauen ihr Angebot aus, um Netflix vom Streaming-Thron zu stürzen.
Rasantes Wachstum
Netflix hat sein rasantes Wachstum im dritten Quartal dank Serienhits wie "Narcos" fortgesetzt. Die Mitgliederzahl stieg in den drei Monaten bis Ende September um 5,3 Millionen auf gut 109 Millionen, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum entspricht das einem überraschend starken Zuwachs von 49 Prozent.
(Quelle: Statista)
Vor allem außerhalb des Heimatmarktes USA boomte der Streaming-Service: 4,5 Millionen der neuen Kunden wurden im Ausland hinzugewonnen. Für das laufende Quartal rechnet Netflix mit weiteren 6,3 Millionen neuen Mitgliedern. Die Nutzerzahlen übertrafen die Erwartungen. Allerdings steigt auch der Konkurrenzdruck, wie Netflix im Brief an die Aktionäre offen einräumte. Mit Disney, Amazon und Apple forcierten derzeit drei finanzstarke Großkonzerne ihre Bemühungen im Streaming-Geschäft.
"Narcos", "Orcas" und Strager Things"
Um seine Stellung im Markt zu verteidigen und weitere Kunden anzulocken, steckt Netflix 6 bis 7 Milliarden in die Produktion exklusiver Inhalte, die nur im eigenen Programm zu sehen sind. Zuletzt konnten etwa Serien wie "Narcos", "Ozark" oder "Stranger Things" punkten. Für 2018 kündigte das Unternehmen Investitionen in Höhe von sieben bis acht Milliarden Dollar an, um die Konkurrenz auf Distanz zu halten.
Das Geschäft boomt: Online-Videodienste, die gegen Gebühren Filme und Shows im Netz anbieten, haben das traditionelle Fernsehen zwar noch nicht abgelöst, doch ihre Bedeutung steigt stetig. In den USA kündigen immer mehr Kunden ihren Kabelanschluss, die ihre TV-Unterhaltung ausschließlich über das Internet beziehen. Der Trend ist eng verknüpft mit dem Erfolg von Netflix – der Firma, die das Geschäftsmodell von Beginn an geprägt hat.
Vom DVD-Verleiher zum Streaming-Marktführer
1997 im kalifornischen Los Gatos gegründet, agierte das Unternehmen zunächst als Online-Videothek und verlieh DVD's und Blue-ray-Discs. Es folgte ein steiler Aufstieg: 2003 ging Netflix an die Börse, der Unternehmenswert ist seitdem von 300 Millionen auf über 86 Milliarden Dollar gestiegen. Hinter der Kursexplosion steht der florierende Streaming-Dienst – die Kundenzahl wuchs seit 2011 von rund 23 auf 104 Millionen. Netflix ist heute in über 190 Ländern aktiv.
Das ruft Wettbewerber auf den Plan – auch bei der alteingesessenen Unterhaltungsindustrie. Während US-Medienriese Disney erst kürzlich einen Online-Videodienst für 2019 ankündigte, ist der beliebte Bezahlsender HBO von Time Warner in den USA schon seit 2015 mit Blockbuster-Serien wie "Game of Thrones" als Internet-Abo verfügbar. Auch Hulu, wie Netflix ein Pionier im Markt, hat mit NBC Universal, Fox und Disney mittlerweile finanzstarke Branchengrößen im Rücken.
Google rüstet Youtube mit Abo-Modellen auf
Der stärkste Streaming-Rivale sitzt bislang jedoch nicht in Hollywood. Internetriese Amazon ist zwar vor allem für seine aggressive Expansion im Online-Handel bekannt, konkurriert mit seinem Service "Prime Video" aber schon länger mit Netflix. Auch das Silicon Valley mischt neuerdings stärker mit: Google rüstet seinen Videodienst YouTube zunehmend mit Abo-Modellen und professionell produzierten Exklusivinhalten auf. Facebook und Apple planen laut US-Medien Milliarden-Investitionen in exklusive Video-Inhalte.
Beim Kampf um die Streaming-Krone gelten Eigenproduktionen, sogenannte "Originals", als Schlüssel zum Erfolg. Das können Dokus, Filme oder Talkshows sein, vor allem aber Serien. HBO hat sich hier mit Klassikern wie "The Sopranos" oder "The Wire" frühzeitig einen Namen gemacht und gilt bis heute als Qualitätsführer. Amazon fehlt trotz einiger Achtungserfolge noch der ganz große Hit. Netflix glänzt zwar auch mit einigen neueren Serien, tut sich aber schwer, an "House of Cards" oder "Orange Is the New Black" anzuknüpfen.
Netflix investiert mit Abstand am meisten Geld in neue Inhalte. (Quelle: Statista)
Milliarden-Budget für Eigenproduktionen
Die Jagd nach dem nächsten Streaming-Megahit hat eine regelrechte Ausgaben-Schlacht entfacht (s. Grafik). YouTube nennt zwar kein Budget, erhöht aber ebenfalls den Einsatz und kann dabei auf Googles enorme Cash-Reserven bauen. Disney öffnet die Kriegskasse für seinen Sportsender ESPN, der 2018 als Streaming-Service starten soll.
Glaubt man den Finanzprofis von der Wall Street, so ist Netflix trotz aller Konkurrenz bestens aufgestellt. Am Montag will die Firma ihre Zahlen für das dritte Quartal vorlegen. Analysten gehen davon aus, dass Gewinn und Erlöse abermals kräftig gestiegen sind. Goldman Sachs und JPMorgan empfahlen die Aktie vergangene Woche zum Kauf und erhöhten ihre Kursziele, nachdem Netflix die Abo-Preise angehoben hatte. Der Aktienkurs kletterte darauf auf ein neues Rekordhoch.